"Ich vergesse nie den gewaltigen
Eindruck, den Louise auf mich machte, wenn sie uns
in einer waldigen Gegend folgte und, von einfachen
Akkorden der Harfe begleitet, Brentanos wunderschönes
Lied nach der eigenen Melodie sang. Die Waldeinsamkeit
mit ihrem wunderbaren Zauber ergriff mich, wenn
ich sie hörte, und wie eine Waldfee saß
sie da, die die Macht hatte, alle Geheimnisse des
Waldes laut werden zu lassen."
So schrieb der Naturphilosoph Heinrich
Steffens über seine Schwägerin Louise
Reichardt.
Louise wurde am 11. April 1779 geboren.
Ihr musikalisches Talent als Sängerin, Instrumentalistin,
Liedkomponistin und später Dirigentin wurden
ihr nicht nur vom berühmten Vater Johann Friedrich
Reichardt (1752-1814) in die Wiege gelegt. Auch
ihre Mutter Juliane, jüngste Tochter von Franz
Benda, war Sängerin und Komponistin gewesen.
Doch sie starb als Louise nur 4 Jahre
alt war. Als älteste war es Louise aufgetragen
für die Familie zu sorgen. Sie genoss keine
geregelte Ausbildung, doch die bedeutendsten Schriftsteller,
Wissenschaftler, Künstler und Komponisten ihrer
Zeit waren ständig zu Gast bei der Familie
Reichardt in Giebichenstein bei Halle.
Schon mit 15 hatte sie eine bewundernswerte
Stimme. Ihr Vater vertonte die Gedichte von seinem
Freund Goethe und Louise sang sie für den Dichter
und begleitete ihren Gesang auf der Harfe. Schwere
Schicksalsschläge und schwache Gesundheit führten
zu Depressionen. Doch ihre schlichten, ausdrucksstarken
Vertonungen der Gedichte von Ludwig Tieck, Achim
von Arnim, Clemens Brentano, Phillip Otto Runge
u.a. waren von Graf und Küchenmädchen
zugleich beliebt.
1813 zog sie nach Hamburg, wo sie
eine Musikschule für Frauen gründete und
einen Frauenchor leitete. Öffentliche Aufführungen
von Händels Werke leitete sie in Lübeck
(1816) und Hamburg (1818, 1820) als erste deutsche
Dirigentin.
Sie starb 1826 mit 47 Jahren.